Junge Menschen, denen die Integration ins Regelschulsystem und/oder der Übergang ins Ausbildungssystem und in den Arbeitsmarkt aufgrund von individuellen Beeinträchtigungen oder sozialen Benachteiligungen nicht gelingt, haben bei vorliegendem Bedarf auf Förderung der Persönlichkeitsentwicklung einen entsprechenden Rechtsanspruch in der Jugendhilfe auf Leistungen der Jugendberufshilfe (§ 13 SGB VIII).
Teilweise stellt sich die Gewährungspraxis hier jedoch sehr schwierig dar, wenn etwa Jugendhilfeträger ohne angemessene Bedarfsprüfung an andere vorrangig verpflichtete Träger vermitteln, auch wenn diese keine bedarfsgerechten Angebote zur Verfügung stellen und Jugendhilfe damit trotz des Nachrangs rechtlich zur Leistung verpflichtet wäre. Teilweise erleben wir hier Vermeidungsstrategien der Leistungsgewährung sowie Verweisungsprozesse in andere Rechtskreise, insbesondere ins SGB II. Ein erfolgreich vom BRJ ombudschaftlich begleiteter Fall zeigt, dass es sich bei vorliegendem Bedarf durchaus lohnen kann, die Bewilligung von Leistungen der Jugendberufshilfe auch unter zunächst widrigen Umständen zu verfolgen.
Erfolgreiche ombudschaftliche Begleitung des BRJ zur Bewilligung von Jugendberufshilfe
Der Vater eines 16-jährigen Mädchens wendet sich an den BRJ. Er beantragte für seine Tochter eine Jugendberufshilfe nach § 13 (2) SGB VIII. Ihr Ziel ist, den Schulabschluss nachzuholen. Mit Kenntnis des Jugendamtes absolvierte die junge Frau eine erfolgreiche Probewoche bei einem Träger der Jugendberufshilfe.
Die junge Frau war seit mehr als zwei Jahren schulabstinent. In der Schule war sie trotz sehr guter Leistungen gescheitert, weil sie sich dort nicht genügend beachtet fühlte und Schwierigkeiten entwickelte, in größeren Gruppen zurecht zu kommen. Zudem konsumierte sie in erheblichem Ausmaß Cannabis. Der Besuch einer ambulanten Drogenberatung hat nur mäßigen Erfolg.
Während der Probewoche beim Träger erfährt die junge Frau einen wertschätzenden Umgang. Der Umgang mit konsumierenden Jugendlichen gehört hier zum Konzept und eine Unterstützung zur Überwindung von psychosozialen Hemmnissen ist Teil der Hilfe. Die junge Frau fühlt sich dort sehr willkommen. Nach dieser Woche ist sie hochmotiviert, bei diesem Träger den Schulabschluss nachzuholen.
Der Antrag auf Hilfe nach § 13 (2) SGB VIII wurde abgelehnt, angeboten wurde ihr jedoch eine Unterbringung nach § 34 SGB VIII in einer anderen Stadt, die sie jedoch ablehnte, da sie sich nicht von ihrer Familie trennen wollte. Trotz einer sehr problematischen familiären Situation und fehlender Unterstützungsmöglichkeiten durch die Eltern ist die Beziehung zu den getrennt lebenden Elternteilen herzlich. Die junge Frau erhält eine ambulante Hilfe nach § 30 SGB VIII. Mit Unterstützung der Einzelfallhelferin soll sich die junge Frau unter anderem nach geeigneten Angeboten durch die Jobcenter oder die Schulen umsehen, um dort den Schulabschluss zu erwerben. Sie schaut sich verschiedene Angebote der Jobcenter an, doch die junge Frau traut sich nicht zu, in einer nicht sehr intensiv begleiteten Maßnahme bestehen zu können.
Obwohl das Jugendamt keinen Bedarf auf Jugendberufshilfe sieht, hält die junge Frau über viele Monate den Kontakt zu dem Jugendhilfeträger, bei dem sie die Probewoche absolvierte. Dort hat sie das Gefühl, dass die LehrerInnen sich für sie interessieren. Des Weiteren legt der Träger auch viel Wert auf Elternarbeit, um die Kompetenz der Eltern zu fördern und die Beziehung zu ihren Kindern zu stützen und zu stabilisieren. Das Jugendamt begründet die Ablehnung der Hilfe nach § 13 SGB VIII unter anderem damit, dass sich die junge Frau auf nichts anderes einlasse als auf die schulische Unterstützung durch den von ihr gewählten Träger der Jugendberufshilfe und der ablehnenden Haltung der Familie gegenüber einer Fremdunterbringung. Die Einzelfallhilfe wird mit einigen Stunden weiterbewilligt.
Auch den MitarbeiterInnen des BRJ gelingt es zunächst nicht, das Jugendamt von einer Bewilligung der gewünschten Jugendberufshilfe zu überzeugen. Der begründete Widerspruch wird abgelehnt, jedoch nach Einreichung eines Antrags auf einstweilige Anordnung beim zuständigen Verwaltungsgericht wird die Hilfe schließlich im vollen Umfang bewilligt. Der vom BRJ begleitete Fall zeigt, dass Jugendämter Hilfen nach § 13 SGB VIII bewilligen, wenn die Jobcenter keine dem Bedarf entsprechenden vergleichbaren Angebote machen können. Die junge Frau kann endlich mit ihrer schulbezogenen Reintegration beginnen und nimmt die Leistung beim Träger seit nunmehr knapp zwei Monaten motiviert und erfolgreich in Anspruch.